Franchise und „Zukunft für Alle“ (mit VIDEO)

Können Elemente des Organisationsmodells Franchise bei der Umsetzung der Leitidee „Zukunft für alle“ hilfreich sein?

Das Organisationsmodell Franchise wird seit Jahrzehnten genutzt um Geschäftsmodelle zu skalieren. Franchisesysteme sind Unternehmer-Netzwerke, die oft über nationale Grenzen hinaus aktiv sind. Die Arbeit des/der selbständigen Franchisenehmers/in zeichnet sich durch hohe Kundennähe und –verständnis und durch starke lokale Verbundenheit aus. Bei seinen zum unternehmerischen Alltag gehörenden Aufgaben, die mit der Gewinnung und Verbindung zum Kunden und der Mitarbeiterführung unmittelbar weniger zu tun haben, wird der Franchisenehmer von einer Zentrale, dem Franchisegeber, unterstützt, z.B. in

  • Buchhaltung
  • Auswertung betrieblicher Kennzahlen,
  • Entwicklung von Werbematerialien.

Die Franchisenehmer eines Franchisesystems sind häufig gut miteinander vernetzt und tauschen ihre Erfahrungen im Sinne einer ständigen persönlichen und unternehmerischen Weiterentwicklung aus und geben diese auch an den Franchisegeber als Grundlage seiner ständiger Innovationsarbeit weiter.

Welche Franchisesysteme sind bekannt?

Franchisesysteme sind einer breiten Öffentlichkeit – wenn überhaupt – aus dem kommerziellen Bereich bekannt. Allen voran McDonald’s, aber vielleicht auch Apollo-Optik, Mrs Sporty, Yamaha Music School, Schülerhilfe, Kieser Training, RE/MAX, Town & Country usw. Eine ausführliche Auflistung findet sich hier: http://www.franchisedirekt.com/top500/.

Weniger bekannt sind Franchisesysteme im Non-Profit-Bereich: CAP Markt, capito, Eltern-AG, Wellcome, Discovering hands. Franchisenehmer sind dann nicht Unternehmer, sondern meistens Vereine mit unternehmerisch denkenden Menschen und der Franchisegeber ist häufig z.B. eine Stiftung oder Genossenschaft, die nach erfolgreicher Umsetzung eines sozialen Projekts sich seiner Multiplikation verschrieben hat. Im Social Franchising nimmt England eine Vorreiterrolle ein (siehe dazu unter anderem www.iscf.org)

Ein Social Franchisesystem – Was ist das?

Auch im Non-Profit-Bereich nutzt Franchising die Stärken seines Organisationsmodells:

  • nah an den Problemen und den Menschen vor Ort dran,
  • starken Willen den impact vor Ort zu steigern,
  • gute Vernetzung untereinander,
  • Befreiung des Franchisenehmers vor Ort von Aufgaben, die vom Franchisegeber effizienter gelöst werden können,
  • Selbstverständnis des Franchisesystems als lernende Organisation.

All business is local!

Mit dem Prinzip, dass Aufgaben am besten auf den Ebenen bewältig werden, die am dichtesten an ihnen dran sind und erst dann andere Instanzen um Unterstützung gebeten werden, wenn die Vor-Ort-Ebene nicht mehr genügend Möglichkeiten hat, ihre Aufgaben zu bewältigen, ähnelt Franchising dem Subsidiaritätsprinzip – auch in umgekehrter Richtung, nämlich, dass der Franchisegeber zuerst die Vor-Ort-Ebene in die Lage versetzt, diejenigen Aufgaben zu bewältigen, die dort am sinnvollsten zu bewältigen sind.

Dazu gehört auch Geld verdienen, was ja vor Ort stattfindet, da wo die Kunden halt sind. Im Gegensatz zum Franchising beleuchtet Subsidiarität den Geld-Aspekt nicht. Wichtig bei einer „Zukunft für alle“ ist, dass das vor Ort (all Business is local) verdiente Geld auch größtenteils vor Ort bleibt. Die Unternehmen hätten dann dort ihre Steuern zu zahlen, wo ihre Kunden sind und nicht dort, wo sie ihren Firmensitz haben. Auch im Internetzeitalter bleiben die Kunden, wo immer sie auch online Waren bestellen, örtlich gebunden. Die Gewinne aus dem Verkauf eines Apple-Computers gehören also nicht in Irland versteuert, sondern in dem Land, wo der Kunde ansässig ist, am besten sogar in seiner Kommune. Dem Franchiseprinzip folgend hätte Apple in jedem Land, vielleicht sogar Region oder Stadt, eine prozentuale Abgabe auf den dort jeweils erzielten Umsatz zu zahlen. Auf diese Weise bleibt Geld von wirtschaftlichen Aktivitäten vor Ort auch vor Ort.

Ein weiteres Beispiel: Das Organisationsmodell der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland entspricht dem Geldfluß nach so gar nicht Franchiseprinzipien und – ironischerweise – auch nicht dem Subsidiaritätsprinzip. Die Kirchensteuern werden deutschlandweit zentral von einem Dienstleister bei den Kirchenmitgliedern eingezogen und dann von zentralen Institutionen irgendwie von oben nach unten verteilt. Die einzelne Kirchengemeinde als Organisation vor Ort bekommt ihre Gelder von oben zugeteilt und vor Ort wird höchstens noch Geld aus Immobilienbesitz und Spenden erzielt. Geldfluß und Aufgabenerfüllung sind weitgehend voneinander getrennt.

Franchisemäßig wäre es, wenn die Kirchengemeinden vor Ort ihre Gelder direkt von den Gemeindemitgliedern erhielten und einen kleinen Teil davon (10%, den Zehnten) an übergeordnete Organisationseinheiten abgeben, damit die ihre den Kirchengemeinden gegenüber dienstleistenden Aufgaben wahrnehmen können. Einige Freikirchen sind exakt so aufgebaut, z.B. die Kirche des Nazareners mit über 30.000 Gemeinden weltweit. Die Organisationen der Landeskirchen, Regionen und die internationale Zentrale bekommen letztlich ihr Geld von den Gemeindemitgliedern
weltweit. Das schafft für diese Organisationen ein klares Dienstleistungsbewußtsein. Wenn die Gemeindemitglieder nicht zahlen, spüren die das ziemlich schnell.

Von „unten“ nach „oben“

Organisationsformen, die immer „von unten“ sich aufbauen, denken und auch durch einen Geldfluß „von unten“ finanziell organisiert sind entsprechen dem Leitbild „Zukunft für alle“ meines Erachtens optimal. Dabei verwende ich „von unten“ gar nicht so gerne, sondern ersetze es lieber durch „vor Ort“. Entsprechend sind übergeordnete Organisationseinheiten auch nicht „übergeordnet“, sondern eher „zentrale Dienstleister für die vor-Ort-Organisationseinheiten“. Mit diesem nach Franchiseprinzipien ausgerichteten Denken kann man jetzt sämtliche Organisationen durchgehen und schauen, ob im Sinne einer „Zukunft für alle“ Optimierungsbedarf besteht. In vielen Fällen wird man feststellen, dass Organisationen vom Kopf auf die Füße gestellt werden müssten. Ich mache da keinen großen Unterschied zwischen Profit und Non-Profit-Organisationen, denn auf der Einnahmenseite gibt es keinen. Beide Organisationsformen müssen Geld verdienen, sonst können sie ihrem Zweck nicht gerecht werden. Der Unterschied ist ja nur auf der Ausgabenseite, wo Non-Profit-Organisationen gesetzliche Vorschriften zur Mittelverwendung berücksichtigen müssen und Profit-Organisationen eben nicht.

Franchising – Ein nachhaltiges Organisationsmodell

Kennzeichnend für das Organisationsmodell Franchise ist es auch, dass es so gut wie keine Querfinanzierungen gibt. Nicht erfolgreiche Standorte werden nicht künstlich am Leben gehalten. Sie treffen dann halt nicht die Kundenbedürfnisse. So ist man gezwungen, immer wieder sehr schnell auf Veränderungen am Markt zu reagieren. Übertragen auf „Zukunft für alle“ bedeutet dieses Prinzip, dass Maßnahmen und Organisationen schnell danach beurteilt werden können, ob sie wirklich förderlich im Sinne einer „Zukunft für alle“ sind oder – wenn auch gar nicht intendiert – wieder nur eine Zukunft für einige wenige herauskommt.

Das Prinzip Franchising ist geprägt durch hohe lokale Anpassungsfähigkeit, beim Geldfluß durch viele kleine Geldquellen, die aber langfristig sprudeln und kontinuierliches und systematisches Arbeiten und impact eher begünstigen als einmalige Spenden oder zeitlich stets begrenzte Förderprojekte. Insofern ist Franchising schon fast immanent ein nachhaltiges Organisationsmodell.

Zukunft für Alle

„Zukunft für alle“ bedeutet für mich immer mehr und noch mehr Netzwerke, die nationale Grenzen respektieren, aber für ihr Ego nicht wirklich brauchen und die jedem Einzelnen noch mehr Raum für kreative Problemlösungen geben. Franchise ist eine Form eines Netzwerks. Im Franchise gibt es das geflügelte Wort, dass man „das Rad nicht erfinden muß“ . In diesem Sinne möchte ich meinen Beitrag dazu leisten, das „Zukunft für alle“, die sich immer auch in Organisationen manifestiert von gut 100 Jahren Franchising lernen kann und umgekehrt, was Franchising beim Gestalten einer „Zukunft für alle“ für seine eigene Organisationsform lernen kann.

Meine Gedanken hier verstehen sich eher als Brainstorming und sind – noch – nicht systematisch durchdekliniert. Aber ich habe beim Vision Summit viele Parallelen zu meiner Arbeit und 15-jährigen Erfahrung als Franchiseberater gesehen, daß ich sie hier einfach mal loswerden wollte.

 

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