Internationale Expansion: Chancen und Risiken für Franchisemarken, Vermittler und Investoren

ein Artikel von Peter Schwarzer, LeOS Franchise Consulting

Seit Jahrzehnten expandieren Unternehmen erfolgreich als Franchisenetzwerke auf ihren heimischen Märkten. Viele haben den Schritt ins Ausland gewagt und sind international gewachsen, insbesondere seit den 1980er Jahren. Meistens ist der Weg zu einer international erfolgreichen Franchisemarke jedoch härter und steiniger als sich der Franchisegeber vorher vorstellen konnte.

Viele Franchiseunternehmen sind von der globalen Gültigkeit ihres Produkts oder ihrer Dienstleistung so überzeugt, dass sie vorhandene Erkenntnisse zur Internationalisierung ignorieren. Sie schlagen die Expertise von Beratern oder auch Franchisegebern auf den Zielmärkten in den Wind, obwohl sie gut beraten wären diese zu nutzen.

In Kooperation mit Peter Schwarzer vonLeOS Franchise Consulting möchten wir an dieser Stelle wichtige Empfehlungen für Franchisegeber zur Internationalisierung ihres Geschäftsmodells geben. Aber auch für alle, die eine Investition in ein ausländisches Franchisesystem auf dem heimischen Markt in Erwägung ziehen, z.B. als Master-Franchisenehmer, sind diese Punkte von Interesse:

Starten Sie einfach, die richtigen Partner werden Sie schon finden – und dann analysieren Sie den lokalen Markt … oder doch andersrum?

Grundsätzlich benötigen Sie für eine internationale Expansion eine starke Marke. D.h. Sie sollten bereits auf dem heimischen Markt in Ihrer Branche bei den Endkunden bekannt sein. Verabschieden Sie sich von dem Gedanken, dass der Verkauf einer Lizenz an einen internationalen Franchisepartner ein Ausweg aus Ihren Schwierigkeiten im Inland sein könnte. Ganz im Gegenteil. Abgesehen von der moralische ethischen Verantwortung für so ein Vorgehen, werden Franchisegeber mit schwachen Franchisesystemen ihr Elend nur noch vergrößern, indem sie zusätzliche Ressourcen für ihr internationales Wachstum in der Franchisezentrale binden.

Untersuchungen haben ergeben, dass nur rund 20% aller weltweiten Franchiseunternehmen eine proaktive internationale Wachstumsstrategie verfolgen. Etwa die Hälfte wurde dagegen aktiv von einem lokalen Investor aus dem Zielmarkt angesprochen. Franchisegeber kämpfen dann immer mit der Versuchung, diese Gelegenheit zu ergreifen, ohne für internationales Wachstum bereit zu sein.

Eine Franchisemarke, die international expandieren möchte, muss notwendigerweise eine genaue Analyse ihrer Finanzstärke und ihres Geschäftsmodells machen.

  • Wird mein Produkt/meine Dienstleistung auch wirklich im Ausland nachgefragt/benötigt?
  • Habe ich genügend finanzielle Reserven, um meine Marke im Ausland zu positionieren?
  • Wie wird mein idealer Franchisepartner “aussehen”? Gehen Sie nicht davon aus, dass Sie Kunden für Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung auf die gleiche Weise gewinnen können wie in Ihrem heimischen Markt.
  • Passen potenzielle Franchisekandidaten sowohl kulturell als auch persönlich in mein Franchisenetzwerk?

Zu den Antworten auf diese Fragen sollte ein Franchisegeber klare Vorstellungen haben und diese möglichst schriftlich festhalten. Auch (oder gerade) international gilt: Nicht der Kandidat, der bereit ist und das Geld hat einen Master- oder Gebietsentwicklungsvertrag zu unterzeichnen, ist der Richtige, sondern derjenige mit der kulturell, wertmäßig und menschlich besten Passung. Die Mehrheit der Franchisesysteme, die ihre Entwicklungsziele im Ausland nach dem Markteintritt nicht erreichen, scheitern, weil die Beziehung zum lokalen Partner zusammenbrach.

Franchisegeber, die ins Ausland expandieren wollen, müssen also ihre Hausaufgaben machen. Die Auswahl des richtigen Partners und die detaillierte Analyse des Zielmarktes sind wichtige Voraussetzungen zur Erreichung der internationalen Ziele. Und, um es noch einmal zu sagen: Franchisegeber müssen über eine starke Marke verfügen, um für potenzielle lokale Investoren interessant zu sein. Abgesehen davon, dass Investoren die Marke, die Branche oder auch den Außenauftritt des Franchisesystems mögen, werden erfahrene Investoren sehr wahrscheinlich umfangreiche Untersuchungen zum System durchführen, bevor sie ein größeres Investment in Erwägung ziehen..

Starke Systeme werden stärkere Kandidaten anziehen. Franchisegeber, die in der Lage und bereit sind, eine internationale Expansion in Betracht zu ziehen, könnten dies mit dem richtigen Kommunikationsansatz angehen. Vermittelt ihre Online-Präsenz zum Beispiel die Bereitschaft, mit interessierten internationalen Kandidaten zu sprechen? Treten Sie mehrsprachig auf?

Tipp: Verbinden Sie eine starke Marke mit einer gründlichen Marktanalyse und mit einem passenden starken lokalen Partner und Sie werden relativ wahrscheinlich erfolgreich Ihre internationale Expansion starten können. Umfangreiche mehrsprachige Studien unterstreichen dies immer wieder.

Franchisevermittler und Berater – einige Franchisegeber können mit der Wahrheit nicht umgehen

Viele Analysen weltweit sagen es: Liebe Franchiseberater, macht Euren Job. Ihr seid die Experten, also seid ehrlich zu Euren Franchisegeber-Mandanten und geht mit ihnen im Zweifelsfall zwei Schritte zurück.

Viele Franchisegeber haben über Jahre ihr Franchisesystem aufgebaut und steuern es seitdem durch alle Höhen und Tiefen. Wer, wenn nicht der Franchisegeber, könnte besser wissen, wie es funktioniert.

Aber eine internationale Expansionsstrategie ist wie ein Neustart. Es gibt neue Learnings, neue Gesetzmäßigkeiten, neue To Dos. Ernstzunehmende Berater dämpfen die unrealistischen Erwartungen Ihrer Kunden und erläutern detailliert erfolgversprechende Wege in die Internationalisierung.

Hier einige Beispiele für Standard-Erwartungen internationaler Franchisegeber, die nach Deutschland kommen wollen, aber auch umgekehrt:

  • „Ich will einen Master für ganz Europa.“
  • „Ich will die Master-Lizenz für Deutschland für 2 Millionen Dollar verkaufen, und der Master muss sich verpflichten, 250 Franchisees über 10 Jahre an Bord zu holen“.
  • „Ich will einen Master für die gesamten Vereinigten Staaten, und die Lizenzgebühr sollte etwa 7 bis 8 Millionen Dollar betragen.
  • „Wir werden eine direkte Franchisestrategie für die Vereinigten Staaten verfolgen. Unsere Franchiseentwicklungsabteilung wird mit unseren eigenen Leuten [aus einem asiatischen Land] besetzt sein.

Auch wenn Ihre erfahrenen Antworten auf diese Erwartungen Ihren Kunden nicht gefallen werden, sagen Sie Ihnen die Wahrheit. Ihre Franchisegeber bezahlen Sie für Ihr Fachwissen und Ihre Erfahrungen.

Hier noch ein Hinweis für alle Franchiseberater: Selbst wenn der potenzielle Franchisegeber-Kunde nicht von Ihnen beraten werden möchte, haben Sie immer noch die gleichen Chancen wie z.Bsp. Investoren. Sie müssen nicht darauf warten, dass Franchisesysteme Sie finden und ansprechen. Von den Franchisemarken, die von Deutschland ins Ausland gehen, werden statistisch 50% von Investoren im Zielland angesprochen, die ihre Unterstützung bei der Implementierung im Ausland anbieten. Umgekehrt können Sie das auch. Sprechen Sie doch einfach aktiv Franchisemarken aus dem Ausland an oder recherchieren Sie die Franchisegeber, die gerne nach Deutschland kommen möchten und bieten Sie Ihre Expertise in Ihrem Heimatmarkt an.

Die Zeit des Franchisenehmers ist gekommen

Franchisegeber legen viel Wert darauf, dass der potenzielle Franchisepartner sowohl zur Kultur ihres Franchisesystems paßt, als auch ihre Werte teilt. Soft skills sind gefragt! In Bezug auf das einzubringende Invest des Kandidaten gibt es ein einfaches “Ja oder Nein”.

Das ist im Ausland nicht anders. Der zukünftige Franchisepartner sollte nicht nur das nötige Kleingeld besitzen, er sollte auch die richtige “Passung” haben. Und doch halten Franchisegeber an der Vorstellung fest, dass sie ein Franchise „vergeben“. Vielleicht sollten sie dies noch einmal überdenken. Sie suchen nach einem Investitionspartner in Form eines fähigen Franchisenehmers.

Dies wird umso wichtiger bei einem komplett neuen Markteintritt in ein bisher unbekanntes Terrain. Die negativen Auswirkungen auf die Marke und das Ergebnis des Franchisegebers sind immens, sollte sich die Partnerschaft nicht so entwickeln wie erhofft.

Für potenzielle Investoren in Deutschland bedeutet dies, dass sie auf eigene Faust auf Markenjagd gehen und proaktiv nach erfolgreichen Marken im Ausland suchen können. Die Vereinigten Staaten sind wahrscheinlich der am einfachsten zu beurteilende Markt für solche Investoren. Aufgrund der lokalen Offenlegungsgesetze für Franchisesysteme ind sie einer der transparentesten Märkte der Welt. Internationale Franchisevermittler, Berater und Investoren haben die Qual der Wahl. Das bedeutet nicht, dass Franchisegeber bei den Kernprinzipien ihres Systems Kompromisse eingehen werden. Beim Franchising ist es der Franchisegeber, der das Sagen hat. Der Investor ist jedoch derjenige, der immenses Fachwissen über den lokalen Markt mitbringt. Die Partnerschaft muss das richtige Gleichgewicht finden.

Alle drei Interessengruppen befinden sich in einer guten Position, um die Vorteile des Franchisegeschäftsmodells zu nutzen. Ein starkes Konzept ist eine attraktive Gelegenheit für einen Investor, und das ROI-Potenzial kann sowohl für Franchisegeber als auch für Franchisenehmer enorm sein.

Peter Schwarzer is managing director of LeOS Franchise Consulting, a Munich-based consulting company with partners throughout Europe, the U.S., and Australia. He also is a partner of Franchise Pool International, a global network of franchise consultants and brokers.