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3 Fragen an...

1. Gibt es für Sie einen Unterschied zwischen Selbständigen und Unternehmern? Falls ja, welchen?StefanMerath

Klar gibt es den. Im Unternehmen gibt es 3 Rollen: Fachkräfte, Manager und Unternehmer. Selbständige sind in Wirklichkeit Fachkräfte. Selbständige arbeiten im Unternehmen, Unternehmer arbeiten am Unternehmen. Selbständige arbeiten selbst und ständig, d.h. wenn der Selbständige im Urlaub ist, ist das Unternehmen auch im Urlaub. Der Unternehmer schafft ein System, das unabhängig von ihm funktioniert. Das Produkt eines selbständigen Programmierers ist die Software; das Produkt des Unternehmers ist die Software-Schmiede. Wirkliche Freiheit hat nur der Unternehmer, da das Unternehmen ohne ihn funktioniert. Der Selbständige ist, insbesondere, wenn sein Unternehmen wächst, der Sklave seines Unternehmens.

 

2. Ein Franchisesystem verstehen wir als ein Netzwerk von Unternehmern unter dem Dach einer Marke, die in einer engen Kooperation untereinander vielfältige Vorteile für ihren je individuellen Geschäftserfolg sehen. Obwohl aus unserer Sicht die Struktur eines Franchisesystems die idealen Voraussetzungen hat, neue mit Begriffen wie "New Work", "Agiliät", "Work-Life-Flexibility", "Crowdworking" usw. verknüpften Arbeitsformen tatsächlich zu leben, sehen wir in der Praxis selten entsprechende Umsetzungen. Sehen Sie Franchise-Organisationen eher als Auslauf- oder als Zukunftsmodell?

Das muss man sich unter zwei Aspekten anschauen. Neurowissenschaftlich und betriebswirtschaftlich. Neurowissenschaftlich gibt es mit der LimbicMap von Hans-Georg Häusel ein super Tool, um Menschen und ihre Grundmotive zu kartographieren. Danach gibt es die wirklichen Unternehmer – das sind die dominanten, kreativen Abenteurer. Dann gibt es den Manager, eher ein disziplinierter Dominanter. Da würde ich auch den typischen Franchisenehmer einsortieren: wenn er nämlich zu kreativ und abenteuerlustig ist, fliegt das System auseinander. D.h. schon Franchisegeber und Franchisenehmer ticken limbisch anders. Junge Menschen mit Flexibilität, Individualität etc. sind nochmals anders einzusortieren. Das widerspricht dem klassischen systematischen, disziplinierten Franchisemodell geradezu. Also wenn sich Franchising nicht ändert, sehe ich nicht, wie das agil werden soll.

Betriebswirtschaftlich spielt Franchising seine Vorteile dann aus, wenn etwas klar systematisierbar ist und diese Systematik auch lange Zeit einigermaßen stabil bleibt. Und man diese Systematik dann regional schnell ausrollen muss. Strategische und damit systematische Kurswechsel in einem Franchisesystem mit lauter selbständigen Partnern sind hingegen deutlich komplexer als in einem homogenen Unternehmen. Deswegen hat hier Franchising einen klaren Geschwindigkeitsnachteil. Franchising in sich schnell ändernden Umfeldern macht also wenig Sinn. Aber genau dort braucht es Agilität und woanders nicht.

3. Wäre die Welt ein besserer Ort, wenn alle Erwerbstätigen im wirtschaftlich-rechtlichen Sinn selbständig arbeiten würden?

Nein, das macht wenig Sinn. Ich sage zwar immer, dass Unternehmersein die geilste Lebensform der Welt ist – und das ist sie auch, für Menschen, die mit der damit einhergehenden Unsicherheit umgehen können und die die entsprechende Selbstdisziplin und Begeisterung mitbringen. Das könnten zwar prinzipiell alle lernen, aber es wollen nicht alle lernen.

Auch auf einer rein praktischen Ebene sehe ich das problematisch. Klar auf einer reinen Projektebene kann ich sicher mit immer wieder wechselnden Teams arbeiten, die sich immer wieder neu zusammenfügen. Aber vieles im Unternehmen ist kein Projekt, sondern Prozess und da braucht es möglichst eingespielte Abläufe. Und das wird auch in vielen Bereichen so bleiben. Dauerhaft auf hohem Niveau agierende Teams müssen aufeinander eingespielt sein.


Über Stefan Merath

„Unternehmersein ist die geilste Lebensform der Welt!“ Davon ist Stefan Merath, Deutschlands wohl führendster Unternehmercoach, zutiefst überzeugt. Der Autor des Bestsellers „Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer“ ist selbst seit 1997 als Inhaber tätig und wurde mit dem Strategiepreis 2009 ausgezeichnet. Zusammen mit seinen assoziierten Coachs hilft er Unternehmern dabei, genau dieses Lebensgefühl und die dazugehörige Energie wiederzuerwecken, die viele auf der Strecke ihres Weges verloren haben.

Einige seiner Kunden sind Gewinner bei Great Place To Work, Strategie- oder Innovationspreisen. Vor allem aber haben viele Kunden wieder ihre Erfüllung gefunden und können dieses Gefühl an ihre Mitarbeiter und Kunden weitergeben. Seine Kunden gewannen bei TOP JOB und Great Place to Work und gehören so zu den besten Arbeitgebern Deutschlands. Mehr über seine Arbeit erfährt man auf www.unternehmercoach.com.

  

 

 

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